Von DIPG hat vermutlich noch kaum jemand gehört. Diese Abkürzung steht für „Diffuses intrinsisches Ponsgliom“ und beschreibt einen kindlichen Hirntumor, für den es bislang keine Heilung oder eine positiv lebensverändernde Behandlung gibt. In den letzten Jahren hat sich in der Forschung auf diesem Feld nicht viel getan. Die Stiftung für innovative Medizin in München hat nun dieser seltenen Krankheit den Kampf angesagt.
Tumore des zentralen Nervensystems
Jährlich erkranken in Deutschland knapp 1.750 Kinder unter 15 Jahren an Krebs, weitere 360 im Alter von 15 bis 17 Jahren.1 Dabei liegen Tumore des zentralen Nervensystems (ZNS) nach Leukämie mit einer Neuerkrankungsrate von 430 Kinder pro Jahr an zweiter Stelle.1,2 Das zentrale Nervensystem umfasst im Gegensatz zum peripheren Nervensystem die Nervenbahnen von Gehirn und Rückenmark.3 Es dient als zentrales Integrations-, Koordinations- und Regulationsorgan und verarbeitet sowohl äußere Sinneseindrücke sowie innere Reize.3 Ein großes Problem bei der Behandlung der Tumore ist die Blut-Hirn-Schranke, die Gehirn und Rückenmark vom Blutkreislauf abgrenzen.4,5 Diese Barriere sorgt dafür, dass die Blutgefäße im Gehirn vor schädlichen Stoffen aus dem Blut des restlichen Körpers geschützt sind.4,5 Somit sind nicht alle Zytostatika in der Lage, diese zu überwinden.4,5
Hochgradig maligne Gliome
Als Gliome werden solide Tumore des zentralen Nervensystems bezeichnet, die durch Entartung der Gliazellen, dem Stützgewebe der Nervenzellen, im Gehirn oder Rückenmark entstehen.2,6 Diese werden in niedrig und hochgradig maligne eingeteilt.6 Im Kindes- und Jugendalter treten hochgradig bösartige Gliome selten auf; sie machen 10-15% der Tumore des zentralen Nervensystems aus.6 In Deutschland erkranken jährlich etwa 60-80 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren daran, das macht einen Anteil von 5-10 Erkrankten pro 1.000.000 Kindern.6 Hochgradig maligne Tumore wachsen schnell und aggressiv, zerstören gesundes Gewebe und können durch Wanderung im Gehirn zur Bildung neuer Tumore beitragen.6 Je nach Lage, Ursprung und Malignität der Gliome lassen sich verschiedene Formen unterscheiden.6 Die Variante mit der schlechtesten Prognose ist das Ponsgliom.6
Diffuses intrinsisches Ponsgliom (DIPG)
Das diffuse intrinsische Ponsgliom beschreibt einen im Hirnstamm sitzenden Tumor und macht ein Drittel aller hochmalignen Gliome von Kindern aus.6 Zum Hirnstamm zählen das Mittelhirn, die Brücke (Pons) und das verlängerte Mark (Medulla oblongata). Es steuert überlebenswichtige Funktionen wie Atmung, Blutdruck und Reflexe. Dieser Bereich ist die zentrale Verbindungsstelle aller Nerven, die zwischen Gehirn und Gliedmaßen verlaufen.6 DIPG wird auch Diffuses Mittellinien Ponsgliom H3 K27M genannt,6 da in 78% aller Krankheitsfälle das Histon H3 funktionslos ist, indem durch Punktmutation das Lysin (K) an Stelle 27 durch ein Methionin (M) ausgetauscht wurde.7 Histone sind sowohl für das Verpacken der DNS als auch für die Genexpression von Bedeutung. Sind diese Proteine mutiert, werden durch Veränderungen in der Expression bestimmter Gene essenzielle Kontrollmechanismen außer Kraft gesetzt, was wiederum die Tumorentstehung begünstigt.7 Durch die Lokalisation des Ponsglioms und das diffuse infiltrierende Wachstum ist dieser hochgradig bösartige Tumor inoperabel und es gibt keine Chance auf Heilung.8
Epidemiologie
DIPG zählt mit insgesamt 300 jährlich neu auftretende Fälle in Nordamerika und Europa zu den seltene Erkrankungen.8 Dennoch ist das Ponsgliom der häufigste tödliche Gehirntumor im Kindesaltes (zwischen 4 und 9 Jahren). Die 5-Jahres-Überlebensrate ist weniger als 1%.8 Nach Diagnose beträgt die mittlere Überlebenszeit 9 Monate.8
Therapie
Die bisherige Standardtherapie ist die Bestrahlung, eine wirksame Chemotherapie gibt es nicht.9
Stiftung für innovative Medizin
Die Stiftung für innovative Medizin, die 2014 gegründet wurde und aus einem ehrenamtlichen Team besteht, hat seinen Schwerpunkt auf die Erforschung und Prävention von Krebs gelegt, insbesondere von kindlichen Hirntumoren.10 Ihr Ziel ist es Projekte durchzuführen, die der Definierung wirksamer Therapien für bisher unheilbare Krebserkrankungen fördert.10 Eine private Initiative, die sich DIPG Fighter nennt, wurde nach dem Tod der kleinen Lina (7 Jahre) ins Leben gerufen. Ihr Ziel ist es, die Stiftung finanziell in der DIPG Forschung zu unterstützen. Aktuell wird eine neue Technologie entwickelt, die Vorhersagen darüber ermöglichen soll, welche Medikament die Blut-Hirn-Schranke überwinden können. Dies soll das Finden einer passenden Behandlung für DIPG beschleunigen. Durch die DIPG Fighter werden zahlreiche Aktionen ins Leben gerufen, um Spenden für die enorm wichtige Forschung zu erzielen. Eine davon ist die Teilnahme am Balkan-Express. Diese wird demnächst bei uns gesondert vorgestellt. Ansprechpartner: Kristina Schraml (kristina.schraml@biovariance.com) Quellen