Am 04. Februar war der Welt-Krebs-Tag. Deswegen beantwortet der aktuelle Blogbeitrag die Frage, was Krebs eigentlich ist und wie er entsteht.
Geschichte
Krebs wurde bereits von den alten Ägyptern im sogenannten „Edwin Smith Papyrus“ beschrieben.1 Darin wurde die Entfernung von Tumoren aus der Brust von Frauen mit einem Werkzeug namens „Feuerbohrer“ erläutert.1 Außerdem ist vermerkt, dass es für diese Art von Erkrankung keine Behandlung gibt.1
Tatsächlich wurde eine 3.000 Jahre alte ägyptische Mumie gefunden, die aufgrund von Brustkrebs verstorben ist.2 Ganz in der Nähe entdeckten Archäologen eine 2.800 Jahre alte männliche Mumie mit dem bislang ältesten Fall eines multiplen Myeloms.2 Der älteste bekannte Krebsfall ist jedoch ein Skelett eines vor 3.200 Jahren verstorbenen Ägypters mit einem Weichteiltumor, der bereits in die Knochen metastasiert hatte.3 Die dadurch entstandenen Läsionen sind bis heute sichtbar.3
Definition
Die lateinische Bezeichnung Tumor wird mit Geschwulst übersetzt und beschreibt eine anormale Vergrößerung eines Gewebes.4 Da bestimmte Tumorarten, aufgrund der umgebenen erweiterten Blutgefäße wie die Füße von Krebsen aussahen, wurde damit der Name der Krankheit definiert.1
Tumorarten
Ein Tumor lässt sich anhand des Gewebes differenzieren, dem er ursprünglich entstammt:
- Karzinome: entstehen im Deck- und Drüsengewebe (Epithel) und sind für etwa 80% aller bösartigen Tumore verantwortlich5
- Sarkome: entstehen im Binde- und Stützgewebe (Fettgewebe, Muskeln, Sehnen) oder Muskelgewebe und stellen nur etwa 1% der malignen Erkrankung dar6
- Blastome: embryonale Tumore, die während der Gewebe- und Organentwicklung entstehen4
Diese Tumorarten werden als solide Tumore zusammengefasst, da sie anfangs einen festen Gewebeverband und eine deutliche Begrenzung haben.4
Im Gegensatz dazu gibt es die systemischen Krebserkrankungen (systemisch = den ganzen Körper betreffend), die sich von Beginn der Krankheit im ganzen Körper ausbreiten.4 Zu dieser Kategorie gehören bösartige Erkrankungen des blutbildenden und lymphatischen Systems (Leukämie und Lymphome).4
Dignität
Dignität bezeichnet in der Medizin die Klassifikation von Tumoren. Hierbei wird hauptsächlich zwischen gut- und bösartigen Tumor unterschieden.
- Benigne Tumore sind gutartig.7 Sie verdrängen umliegendes Gewebe, überschreiten aber die Grenze zu benachbartem Gewebe nicht.4
- Semimaligne Tumore sind „beschränkt bösartig“.4,7 Sie wachsen zerstörend in umliegendes Gewebe ein, bilden aber keine Metastasen.4,7
- Ein maligner Tumor ist bösartig und wird als Krebs bezeichnet.4,7 Dieser wächst unkontrolliert, ungeordnet und dringen in umliegendes Gewebe ein und zerstört es dadurch.4,7 Tumorzellen können sich über Blutgefäße oder Lymphbahnen ausbreiten und Metastasen (Tochtergeschwulste) bilden.4
- Präkanzerosen sind Gewebeveränderungen, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit zu bösartigen Tumoren entwickeln.7
- Carcinoma in situ (übersetzt: Krebs am Ursprungsort) beschreibt einen malignen Tumor im Frühstadium, der die Basalmembran des Ursprungortes noch nicht durchbrochen hat und noch nicht in anderes Gewebe eingedrungen ist.7
Entstehung
Ein Tumor entsteht, wenn sich gesunde Zellen im Körper verändern.4 Eine derartige Veränderung wurde erstmals 1982 bei dem Gen RAS beschrieben.8 Forscher konnten mit dieser Beobachtung nachweisen, dass sich gesunde menschliche Zellen durch Mutationen in Tumorzellen verwandeln.8
Mutationen
Eine Mutation beschreibt eine dauerhafte Veränderung innerhalb des Genoms. Diese tritt spontan ohne äußere Ursache oder wird künstlich erzeugt durch sogenannte Mutagene (siehe Auslöser). Es werden folgende Arten von Mutationen unterschieden:
- Deletion: ein Teil der DNS wird ausgeschnitten
- Insertion: ein zusätzliches DNS-Stück wird eingebaut
- Substitution: eine einzelne Base wird ausgetauscht
Stille Mutationen bleiben meist unentdeckt, da diese keine Auswirkung auf den Organismus haben; im Gegensatz zu den Loss-of-function Mutationen, bei denen das entsprechende Genprodukt seine Funktion verliert. Besonders gefährlich sind diese bei Genen, die den Zellzyklus kontrollieren und für Reparaturmechanismen zuständig sind.9
Kennzeichen einer Krebszelle
Douglas Hanahan und Robert A. Weinberg haben in ihrer Veröffentlichung „The hallmarks of cancer“ die Kennzeichen einer jeden Krebszelle beschrieben.
Auslöser
Krebs ist eine sehr komplexe Krankheit mit vielen möglichen Ursachen. Auftretende Mutationen können mit oder ohne äußere Einflüsse entstehen oder genetisch bedingt sind.4 Dabei hat nicht jede Schädigung eine Mutation zur Folge.9
Äußere Einflüsse
- Lebensstil: Dazu gehören Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel und falscheErnährung.4 Fachleute schätzen, dass die Hälfte aller Krebserkrankungen durch eine Änderung des Lebensstils vermeidbar wäre.4
- Umweltfaktoren: Krebsauslösende Stoffe (Kanzerogene), zum Beispiel Chemikalien, Umweltgifte oder Strahlung.4 Es wird geschätzt, dass etwa 4 bis 20 von 100 Menschen umweltbedingt an Krebs erkranken.4
- Krankheitserreger: Vor allem Viren, aber auch Bakterien und Parasiten. So entsteht zum Beispiel Gebärmutterhalskrebs durch HPV (Humane Papillomaviren) oder ein Magenkarzinom durch das Bakterium Helicobacter pylori. Fachleute schätzen, dass weltweit etwa jede sechste Krebserkrankung durch eine Infektion ausgelöst wird, in Deutschland etwa 4 von 100.4
Der Lebensstil und der Einfluss der Umwelt gehören zu den Hauptursachen.9
Zellteilung4
Bei Zellteilungen kann es zu Schäden kommen, die dann von der Mutterzelle auf die Tochterzelle weitergegeben wird.
Alterskrankheit
Mit zunehmendem Alter steigt das Krebsrisiko, da die Wahrscheinlichkeit von bleibenden Schäden aufgrund mangelnder Heilungsfähigkeit des Körpers immer höher wird.11 Im Laufe des Lebens sammeln sich Mutationen an, die ab einer gewissen Anzahl nicht mehr repariert werden können.11
Vererbung
Neben den Mutationen, die spontan neu entstehen können, spielt auch die genetische Grundausstattung eine wichtige Rolle. Manche Menschen haben ein erhöhtes Krebsrisiko, da Mutationen, die die Krebsentstehung fördern, vererbt werden können.4 Fachleute schätzen, dass etwa 5 bis 10 von 100 Krebsfällen genetisch bedingt sind.4 Dies heißt jedoch nicht, dass jeder Mensch mit diesen bestimmten Genen zwangsläufig an Krebs erkrankt.4 Auch hier spielen äußere Einflüsse eine zusätzliche zentrale Rolle.4
Relevante Gene
Zu diesen Genen zählen Protoonkogene und Tumorsuppressorgene.8 Protoonkogene kommen in jeder Zelle vor und beeinflussen Wachstum, Teilung und Differenzierung einer Zelle. Durch Mutation entsteht ein Onkogen, welches durch seine veränderte Genfunktion das Zellwachstum übermäßig antreibt und somit Krebs entstehen lassen kann. Tumorsuppressorgene hingegen kontrollieren den Zellzyklus und können durch ihre Fähigkeit, bei geschädigten Zellen Apoptose auszulösen, die Wahrscheinlichkeit der Tumorbildung senken. Dazu zählt zum Beispiel das Protein p53, das auch als „Wächter des Genoms“ bezeichnet wird. In fast der Hälfte aller Krebserkrankungen liegt eine Mutation in dem für dieses Protein kodierendem Gen vor.8
Genmutationen können die Krebsentstehung somit auf zwei Wegen vorantreiben: Entweder durch die Aktivierung von Onkogenen oder durch die Deaktivierung von Tumorsuppressorgenen.8
Mittlerweile sind über 570 Gene bekannt, die mit Krebs in Verbindung gebracht werden.8 Schätzungen zufolge müssen mindestens fünf verschiedene Gene mutiert sein, um die Kontrollmechanismen außer Kraft zu setzten und somit Krebs entstehen zu lassen.9 Dabei können die Mutationen unterschiedliche Ursachen haben.9 Im Durchschnitt tragen zur Bildung eines Tumor in etwa 100-1000 verschiedene Mutationen bei.8
Ansprechpartner:
Kristina Schraml (kristina.schraml@biovariance.com)